Sanieren, aber bezahlbar: Der Praxispfad als Alternative zum Effizienz-Maximum

Die Initiative „Praxispfad CO₂-Reduktion“ liefert einen konkreten Vorschlag. Ihr Modell zeigt: Es geht auch anders – mit geringeren Kosten und höherer Umsetzbarkeit.
Aktuelle Pfade führen in die Kostenfalle
Laut aktuellen Berechnungen der Initiative belaufen sich die erforderlichen Investitionen für energetische Sanierungen bis 2045 auf insgesamt 5,26 Billionen Euro, wenn der bestehende Energieeffizienzpfad fortgesetzt wird. Dies entspricht jährlichen Investitionen von 263 Milliarden Euro und einem öffentlichen Förderbedarf von 50 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt für 2024 lag bei 476,81 Milliarden Euro.
Die Folgen wären explodierende Kosten für Eigentümer und Mieter, eine Überlastung der öffentlichen Haushalte und ein Scheitern der sozialverträglichen Energiewende. Zudem würden diese erheblichen Investitionsbedarfe bei Unternehmen und Bauherren Verweigerungsstrategien mit sich bringen, da hohe Kosten für Sanierungen langfristige Investitionen unattraktiv machten.
Ein solcher Pfad droht nicht nur die staatlichen Kassen zu sprengen, sondern auch Investoren und Bauherren zu überfordern. Die Folge: Stillstand. Schon heute liegt die jährliche Sanierungsquote bei nur 0,7 Prozent. Benötigt würden rund zwei Prozent, um die Klimaziele zu erreichen.
Der Praxispfad: Realistischer, bezahlbarer, wirksamer
Die Initiative schlägt deshalb einen alternativen Weg vor – den Praxispfad CO₂-Reduktion. Das Modell setzt nicht auf maximale Effizienzstandards um jeden Preis, sondern auf emissionsarme Technologien und ein kluges Verhältnis von Aufwand und Nutzen.
Der Unterschied ist enorm: Mit dem Praxispfad würden die Investitionskosten auf 1,92 Billionen Euro sinken – also um mehr als 60 Prozent. Auch der Förderbedarf würde auf 18 Milliarden Euro pro Jahr schrumpfen.
Fünf Prinzipien für bezahlbaren Klimaschutz
Der Praxispfad basiert auf fünf Kernforderungen:
1. Emissionsfreie Wärmeversorgung: Fossile Energieträger müssen zügig durch emissionsfreie Technologien wie Wärmepumpen, „grüne“ Wärmenetze und die Nutzung industrieller Abwärme ersetzt werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien auf Gebäude- und Quartiersebene wird hierbei priorisiert, wie bilanzielle Ansätze auf der Ebene von Gebäudeflotten und Quartieren im Allgemeinen und hier insbesondere die gebäudeübergreifende bilanzierbare Nutzung von Solarenergie.
2. Maßvolle energetische Sanierung: Statt kostspieliger und extrem hoher Sanierungsstandards fordern die Experten eine Sanierung mit Augenmaß, bei der mit überschaubarem Aufwand und einem optimierten Kosten-Nutzen-Verhältnis bereits wesentliche CO2-Reduktionen erzielbar sind.
3. Effiziente Wärmepumpen-Nutzung: Moderne Wärmepumpen sind bereits für teilsanierte (ab EnEV 2002) oder moderat sanierte Gebäude (z.B. EH 115 / 100) geeignet, was den Sanierungsdruck mindert und trotzdem eine klimaneutrale Wärmeversorgung ermöglicht.
4. Einführung eines Emissionsminderungspfads: Statt unübersichtlicher Regelungen bis ins Detail plädieren die Wissenschaftler für einen verbindlichen Emissionsminderungspfad bis 2045, der klare Treibhausgas-Emissionen für den Gebäudesektor setzt und durch eine unabhängige Emissionsagentur überwacht wird.
5. Förderung von Bestandserhalt und Kreislaufwirtschaft: Die Genehmigung aller zukünftigen Baumaßnahmen (Neubau, Um- und Weiterbau) muss an einen maximal zulässigen CO2-Ausstoß pro Quadratmeter Nutzfläche in Errichtung und Betrieb 3 gekoppelt werden, der einem Minderungspfad folgend bis zum Jahr 2045 auf Netto-Null sinkt. Bei der Sanierung werden nicht die berechneten, sondern die tatsächlich eingesparten CO2-Emissionen gefördert. Bestand und Sekundärmaterialien werden hierbei rechnerisch bevorzugt, so dass gebundene graue Energie erhalten und Abfall vermieden wird
Kurswechsel gefordert – und möglich
Die Gründer der Initiative sehen die Politik am Scheideweg: „Bleibt es beim bisherigen Kurs, werden wir die Sanierungsziele verfehlen und die Energiewende im Gebäudesektor scheitern. Der Praxispfad zeigt dagegen, dass ambitionierter Klimaschutz auch sozial und wirtschaftlich tragfähig sein kann.“